Die Geschichte der Rigaer Lettischen Gesellschaft

Die Rigaer Lettische Gesellschaft ist die älteste ofiziell gegründete lettische Gesellschaft. Sie hat eine herrvoragende Bedeutung in der Geschichte der Nation, bis an die sich die Wurzeln sowohl vieler bedeutender zeitgenössischer Bildungs-, Kultur-und Forschungsstätten als auch Lettlands staatlicher Unabhängigkeit erstrecken. Die Gesellschaft wurde 1868 gegründet, ihre Uranfänge sind in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu suchen, als die ersten Versuche des lettischen Verkehrens in ausgeprägt deutscher Stadt zu bemerken waren.

Die Aufhebung der Leibeigenschaft, die in Baltikum bedeutend früher als anderswo im Russlands Imperium begann – in Kurzeme (Kurland) schon 1817, aber in Vidzeme (Livland) 1819, gab den Bauern die Möglichkeit frei umzusiedeln und den Boden in Besitz zu erwerben. Sie begüngstigte die Umsiedlung der Letten in die Städte, besonders nach Riga, wo sich zusammen mit der Handlung auch die Industrie und andere Bereiche der Volkswirtschaft zu entwickeln begannen. Der Warenumsatz im Rigar Hafen wurde  in gewisser Hinsicht zu einem der größten, aber Anfang des 20. Jahrhunderts zum größten im ganzen Imperium. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte sich schnell das Gesicht der Stadt. Nach dem Abtragen der Festungswälle (1857-1863) begann sich Riga in die Länge und in die Höhe auszubreiten. 1861  verband die neue  Eisenbahn Riga - Daugavpils die Stadt mit Europa. Es wurden neue Werke, vielstöckige Wohnhäuser und öffentliche Gebäude gebaut.

Ehemalige Bauern wurden in der Stadt vorwiegend zu billiger Arbeitskraft, aber es gab auch nicht wenig unternehmungslustige Letten, die zum Wohlstand kamen und zu den Unternehmern in verschiedenen Bereichen wurden, die früher den Ausländern gehörten. Einer davon war das Bauwesen – die lettischen Baufirmen wurden zu den größten und stärksten, und mehr als die Hälfte der ein bisschen später – schon Anfang des 20. Jahrhunderts - gebauten vielstöckigen Häuser im Rigas Zentrum gehörte den Letten.

Es entstand die lettische Intelligenz. Viele bekamen die höchste Bildung im 1862 gegründeten Rigaer Polytechnikum, andere studierten an den Hochschulen  in Tçrbata, Sanktpetersburg, Moskau oder in Deutschland.  Von Kriðjânis Valdemârs ermunternd, lernten die lettischen Jugendlichen in der Seefahrtschule und wurden Kapitäne oder Steuerleute, bauten die Schiffe und gründeten ihre Reedereien. Für die Letten entstand die Notwendigkeit ihr vereinigtes Zentrum in gesellschaftlicher und wirtschaftlich organisatorischer Hinsicht zu haben, um ihre nationalen Gefühle der Gemeinschaft zu zeigen.

Die ersten Versuche der Vereinigung erfolgten 1861 in Pârdaugava an der  Tilo Fabrik, in der Leitung vom Filologen, der Persönlichkeit des öffentlichen Lebens Kaspars Biezbârdis und  Lehrer Juris Caunîts, doch alles weiter blieb ohne Folgen. Danach versuchte Beamter von Kammerpalate, Publizist und  Redakteur Bernhards Dîriíis die lettische Gesellschaft  mit wissenschaflich literarischem Ziel zu gründen, aber es misslang  sie in der Regierung zu bestätigen. Eine neue Möglichkeit die Gesellschaft zu gründen entstand 1868, als es in Estland eine ungewöhnliche Missernte gab. Die lettischen Handwerker, Liger, Ankerer leisteten die Hilfe und auf Anregung  von Ivans Himillers und Unterstützung vom Rigaer Bürgermeister Eduards Heinrihs Gustavs fon Holanders wurde am 2.März 1868 die Gesellschaft der letischen Beihilfe für die Not leidenden Esten gegründet. Um die Hilfsmittel zu bekommen, veranstaltete die Gesellschaft Konzerte, hielt Vorträge und mit großem Beifall führte „Þûpu Bçrtulis“ auf. Das war die erste Theateraufführung in Riga. An der Gesellschaftsarbeit nahm auch die Damenkomitee teil. Die Tätigkeit dieser Gesellschaft war der Bildung der RLG zu Grunde, in die sie später hinzutrat.

Die Anreger der Gründung der RLG waren B. DÎriíis, Architekt Jânis Fräidrihs Baumanis und Schriftsteller, Publizist und Volkswirt Rihards Tompsons. Vor dem Zusammenkommen wurde das Protokol in der Wohnung von J.F. Baumanis am 16. August 1868  geschrieben. Bald gelang es, dass die Statuten der Gesellschaft im Innenministerium Russlands am 24. Oktober beglaubigt wurden. Die Generalversammlung der Gründer kam am 22. November zusammen. Daran nahmen mehr als 100 neue Mitglieder der RLG, die 36 Sprecher wählten, teil. Sie seinerseits wählten aus ihrer Mitte B. Dîriíis zum Vorgesetzten und zu seinen Genossen R.Tomsons und J.F. Baumanis.

Als eins der wichtigsten Ziele wurde die Hilfe den in Not Leidenden in den Statuten der Gesellschaft eingeschrieben. Das zweite Ziel – anwendbare Kenntnisse, ehrliche Ordnung und verschiedene Geistesaufklärung unter den hiesigen Letten zu verbreiten – hatte national bestimmte Richtung, die der Gesellschaft zum Zentrum der nationalen Konsolidation zu werden erlaubte. Die RLG verwirklichte ihre Aktivitäten mit Hilfe verschiedener Kommissionen und Abteilungen,  gab großen Beitrag in der Entwicklung der lettischen Bildung und Kultur, organisierte lettische allgemeine Gesangfeste. Gerade diese Tätigkeit wurde zum bedeutenden politischen Faktor im Leben des lettischen Volkes, obwohl die Politik in den Statuten nicht vorgesehen war. 

Das Bewusstsein der Volksgemeinsamkeit zu bilden und zu pflegen, die Geistes- und Kulturwerte zu schützen ist, war und bleibt in den Statuten der Gesellschaft eingeschrieben. Dazu fordern auch in der Flagge der RLG eingeschriebene Worte:  „Stehe fest,  arbeite kühn!“ auf.

Bis 1914 war die RLG Beginner, Organisator und Unterstützer  fast aller lettischen Bestrebungen. Die Gesellschaft organisierte und leitete Gesangfeste, die traditionell wurden, um das Wachstum der Volkselbstbewusstseins und der Musikkultur zu fördern. Schon 1868 begann das erste lettische Theater in der Gesellschaft  zu arbeiten, auf dessen Grundlage das Nationaltheater 1919 entstand. An der Komission zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse wirkte die Abteilung der Bücherschätze, die bedeutende Auflagen, zum Beispiel, das erste Konversationslexikon der lettischen Sprache in vier Bänden herausgab. Die Rigaer Lettische Gesellschaft legte die Lettische Universität, die Musikakademie zugrunde, da gesammelten Kollektionen kommen später indie gegründeten Museen – ins Museum der Rigaer Geschichte und Ethnografisches Freilichtmuseum. Unter der  Komission zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse bildete man  auch die Akademie der Wissenschaften.

In der Kulturgeschichte Lettlands sind alle bedeutenden Maßnahmen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Tätigkeit der Rigaer Lettischen Gesellschaft verbunden, deshalb kann man sagen, dass sie die leitende Rolle bei der Entstehung des unabhängigen Staates hatte.

Eine andere Rolle spielte die RLG in der Zeit des unabhängigen Lettlands, als das Museum, Theater und andere Bereiche, die von der Gesellschaft begonnen wurden, in die Hände des Staates übergingen. Die Maßstäbe der Tätigkeit der Gesellschaft wurden enger, die RLG wurde zur elitären Organisation, in ihrem Gebäude versammelte sich die Rigaer höchste Gesellschaft, da fanden prunkvolle Ballabende und Empfänge statt. Paralell zu dieser äußerlich prunkvoller Tätigkeit wirkten die traditionellen Kommisionen, anstatt der  Enthusiasten kamen akademisch gebildete Fachkräfte, es entstanden neue Strukturen, zum Beispiel, die Abteilung der nationalen und politischen Erziehung, bildeten sich die Gemeinschaften eines Berufes und Interessenvereine.

Die Tätigkeit der RLG wurde 1940 mit der sowjetischen Okkupation unterbrochen..
Die Gesellschaft wurde am 14. Januar 1989 erneuert.